Maria Eichhorn

 

Maria Eichhorn, die den Käthe-Kollwitz-Preis 2021 erhalten hat, hinterfragt mit ihren Arbeiten und Forschungsprojekten kontinuierlich das Betriebssystem für die Künste an der Schnittstelle zu Geschichte, Politik und Gesellschaft kritisch. Sie widmet ihre Konzepte und Werke der künstlerischen Verwandlung und wirksamen Offenlegung von Kategorien wie Kapital, Eigentum und Restitution, die sie dem Publikum in äußert konzentrierten und reduzierten Präsentationen vorstellt. Für die Ausstellung „NOTHINGTOSEENESS“ hat die Künstlerin eine Wandbeschriftung realisiert, die an das Akademiegebäude am Hanseatenweg gebunden ist, aber nach der Ende der Ausstellung nicht mehr in Erscheinung tritt.

Die erste Wandbeschriftung als Basrelief hat die Künstlerin in der Shin Shin Galerie in Berlin im Dezember 1989 realisiert mit dem Lehrsatz Nr. 294 aus den Remarks on Colour, von Ludwig Wittgenstein. Seitdem entstanden zu unterschiedlichen Themen Wandbeschriftungen in verschiedenen Größen, aber stets mit der gleichen Fertigungstechnik: unter anderem Die ungeöffnete Post des Max Foster, Amsterdam 1996 / Wien 2011, 7 grudnia 1970 (7. Dezember 1970), Łódź 2004, oder l’acédie l’orgueil, la gourmandise, la luxure, l’avarice, la colère, l’envie / hovmod, griskhed, misundelse, dovenskab, frädseri, vrede, vellyst, Paris 2009, und 1 place de la Concorde, 75008 Paris, Paris, 2013. Die Wandbeschriftungen mit Postadressen befinden sich in verschiedenen Privatsammlungen in Deutschland und Österreich und entwickeln sich stets mit jeder neuen Adresse innerhalb der Werkgruppe weiter.

Die Wandbeschriftungen von Maria Eichhorn werden in mehreren Schichten mit weißer Wandfarbe direkt auf der Wand aufgebaut, wobei die verwendete Farbe für die Reliefierung der Farbe der Wand in Textur und Farbton entspricht. Das Basrelief entwickelt seine Erhabenheit von Schicht zu Schicht mit jenem einzelnen Anstrich. Für den Farbauftrag wird eine Schriftschablone hergestellt, mit der die Konturen der Buchstaben, Satzzeichen und Zahlen mittels feiner Bleistiftumrisse auf die Wand gezeichnet werden. Die Anzahl der Farbschichten ist abhängig von der Textur der Wandfarbe. Die Betrachterinnen und Betrachter entdecken das Relief bei näherem Herantreten.

Anke Hervol

 

In der Ausstellung:

Maria Eichhorn
Hanseatenweg 10, 10557 Berlin, 2011/2021
Postalische Adresse, Wandbeschriftung, Basrelief, weiße Wandfarbe auf weißer Wand, manueller Farbauftrag mit Pinsel in mehreren Schichten, Schrifttype: Jigsaw Regular
Maße variabel, hier: 55 x 215 cm
Ausführung Wandbeschriftung: Monika Stalder
Courtesy of the artist + Galerie Barbara Weiss