Yves Klein

„Wir schreiten allmählich und behutsam in der Zeit voran und sind jetzt im April 1958 angekommen. Ich befand mich in der Vorbereitung auf „die malerische Sensibilität im Rohzustand, spezialisiert auf stabile malerische Sensibilität“ (La sensibilité picturale à l'état matière première, spécialisée en sensibilité picturale stabilisée), was später als meine pneumatische Periode bezeichnet wurde. [Gelächter] Sie folgte den moralischen Regeln, die ich im Laufe von zehn Jahren entwickelt hatte. Diese Moral ist die Quelle des Immaterialismus, der die Wiederentdeckung der wahren Liebe zur Materie ermöglicht, im Gegensatz zum quantitativen, mumifizierenden Materialismus, der uns zu Sklaven der Materie macht und sie in einen Tyrannen verwandelt.
Mit diesem Versuch wollte ich innerhalb der Grenzen einer Bildergalerie einen sensiblen malerischen Zustand schaffen, etablieren und der Öffentlichkeit präsentieren. Anders gesagt versuchte ich, eine Atmosphäre zu erschaffen, ein unsichtbares, aber präsentes malerisches Klima, ganz im Sinne dessen, was Delacroix in seinem Tagebuch als das Undefinierbare bezeichnet, das für ihn das Wesen der Malerei ausmachte.

Dieser im Galerieraum unsichtbare malerische Zustand liefert wohl bis heute die beste allgemeine Definition von Malerei, nämlich als Ausstrahlung. Wenn der kreative Prozess erfolgreich ist, sollte diese unsichtbare und nicht greifbare Immaterialisierung der Malerei auf die Sinne oder Körper der Ausstellungsbesucher eine viel größere Wirkung entfalten als gewöhnliche, sichtbare Gemälde, seien sie nun gegenständlich, abstrakt oder sogar monochrom.“1

Mit radikaler Konsequenz rückte Yves Klein Le Vide als Zone der Leere 1958 in der Pariser Galerie Iris Clert und 1961 im Museum Haus Lange in Krefeld ins Zentrum der Aufmerksamkeit. In den anderen Räumen stellte der Künstler in Krefeld unter dem Titel „Yves Klein – Monochrome und Feuer“ sein aktuelles Œuvre aus. Klein strebte mit dieser radikalen Einfarbigkeit die Gestaltung des realen und des mentalen Raums an; bis zu einem Punkt, an dem seine Schwammskulpturen als aufsaugende Objekte dem Gedanken der Durchdringung folgen sollten. 

Anke Hervol

 

1 Yves Klein, Auszug aus: Lecture at The Sorbonne, 1959, in: Overcoming the problematics of Art -The writings of Yves Klein, Putnam 2007.

 

In der Ausstellung:

Yves Klein
Untitled White Monochrome (M 33), 1958
Reines Pigment und Kunstharz auf Gaze, montiert auf Platte
64,5 × 50 cm
Privatsammlung

Yves Klein
La spécialisation de la sensibilité à l’état de matière première en sensibilité picturale stabilisée
(dite du „Vide“)
Gallery Iris Clert, Paris, 1958
1:40 min
© The Estate of Yves Klein c/o ADAGP, Paris

 

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