Karin Sander

© Andreas Meichsner, 2015

Die Tradition der Wandmalerei geht bis in die Frühzeit zurück, weckt unsere Gedanken an statische symbolträchtige Setzungen und dekorative Gestaltungen, die in verschiedensten „positiven“ Maltechniken von frisch über trocken, mit Schablonen oder in digitalen Prozessen hergestellt werden. In den 1960er-Jahren nutzten Künstlerinnen und Künstler das Medium der Wandmalerei, um gegen den aufkommenden Kunstmarkt zu rebellieren, da die Werke, dauerhaft oder temporär installiert, nicht in den Verkauf gingen. Heute ist die temporäre Wandmalerei eines von zahlreichen Medien, steigt aber bewusst aus der traditionellen Malerei aus und erobert sich den dreidimensionalen Raum.

Bei Karin Sanders Wandstücken, die sie seit Mitte der 1990er-Jahre in musealen Räumen wie der Staatsgalerie Stuttgart oder dem Museum of Modern Art in New York realisiert hat, handelt es sich um minimale subtile Eingriffe, die mit dem Raum so weit verschmelzen, dass sie kaum mehr wahrnehmbar sind. Im Kontrast zu traditionellen Wandbildern springt die auf Hochglanz polierte rechteckige Fläche an der Oberfläche leicht zurück. Die glänzende Spiegelfläche entsteht durch das schrittweise Entfernen einer hauchdünnen Schicht aus Dispersionsfarbe um etwa einen Zehntel Millimeter und erreicht eine schwebende Leichtigkeit, die die schwere Wandkonstruktion kontrastiert.

Karin Sander reagiert mit ihrem Wandstück in der Akademie der Künste auf Yves Kleins Untitled White Monochrome (M 33) von 1958, indem sie die Idee der weißen Monochromie dadurch aufhebt, dass auf der durch Polieren entstandenen Spiegelfläche changierende, lebhafte Bilder des Raumes und des darin stattfindenden Lebens entstehen. 

Anke Hervol

 

In der Ausstellung:

Karin Sander
Wandstück, 140 x 100 cm, 1986/2021
Wandfarbe, poliert
Courtesy of the artist + Esther Schipper Gallery

 

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