Timm Ulrichs

© Simone Engelen, Stuttgart

Zwei Schwarzweiß-Fotografien: der nackte Oberkörper von Timm Ulrichs, einmal von vorn, einmal von hinten. Einige Körperpartien sind mit weißer Farbe bedeckt: Gesicht, Haare und Hals fast vollständig (als hautfarbene Inseln innerhalb der weißen Farbe erscheinen jeweils zwei Partien an den Nasenflügeln, den Wangen und dem Oberlippenbart), ebenso der Rücken bis zu den Armansätzen und der auslaufenden Wirbelsäule. Dicke schwarze Umrandungen bilden den Übergang von der weißen Farbe zur nackten Haut.

Der Titel, wie immer bei Timm Ulrichs mit Bedacht formuliert (bis hin zu den beiden Bindestrichen), klärt auf: Weiß markiert sind die Bereiche seines Körpers, die er niemals direkt, also ohne Hilfsmittel wie etwa Spiegel, betrachten kann und die für ihn selbst als wahrnehmendes Subjekt unsichtbar bleiben, eben weiße Flecken, daher weiß markiert.

Diese frühe Arbeit enthält bereits viel von dem, was Timm Ulrichs’ Œuvre auszeichnen wird: Die permanente Reflexion und Erkundung der eigenen Person, des Körpers, dazu ein subtiler Umgang mit Sprache, die der Künstler gleichsam beim Wort nimmt. Ulrichsʼ Leben, im Grunde eine Dauer-Performance zu dem Thema, das die historischen Avantgarde-Bewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Kunstgeschichte einführten: die „Überführung der Kunst in Lebenspraxis“ (Peter Bürger). So beginnt denn auch Ulrichsʼ „2. egozentrisches manifest“ vom April 1966 mit den Worten: „kunst ist, was ich bin!“

Christoph Zuschlag in: Matthias Reichelt (Hg.), 100 Tage – 100 Werke – 100 Autoren. Timm Ulrichs. Ich, Gott & die Welt (Ausst. Kat. Haus am Lützowplatz (HaL), Berlin), Wien 2020, S. 228.

 

In der Ausstellung:

Timm Ulrichs
Die weißen Flecken meiner Körper-Landschaft. Kenn-Zeichnung der mir niemals direkt sichtbaren Bereiche meines Körpers (Brust und Rückenaufnahme), 1968
Schwarz-Weiß-Fotografie, zweiteilig
Courtesy of the artist

Timm Ulrichs
„Fotogramme“ auf gilbendem Papier: Der helle „Abdruck“ von Bildern auf tapezierten Wänden, 1968/72
Spray-Bild auf Zeichenkarton
38 x 54 cm
Stiftung für Konkrete Kunst und Design, Ingolstadt

 

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