Ulrich Erben

© Foto: Inge Zimmermann 2016

Ulrich Erbens Werkgruppe der frühen „weißen Bilder“ (1968–1978) spezifiziert sich durch Randbereiche aus anfangs kaum präparierter, unbemalter Leinwand, bei denen nur der innere Bereich der Leinwand mit weißer Farbe bedeckt ist wie bei Ohne Titel (1973). Die Textur der Leinwand bildete auch den Grund für die übermalte Binnenfläche, doch war die Leinwand unter der gemalten Fläche nicht mehr wahrnehmbar. Es entstand ein ungewöhnlich kontrastreiches Nebeneinander von verwandten Weißtönen. Auf der einen Seite die haptisch und räumlich erfahrbare Materialität der weißen Leinwand, auf der anderen Seite die gemalte weiße innere Fläche, die visuell erlebbar gemacht wird und bei der Haptik keine Rolle mehr spielt. Die räumliche und visuelle Erfahrung oszilliert in der Gegenüberstellung des Objekthaften der real existierenden Leinwand und des gemalten Bildfeldes, das durch den Entzug alles Materiellen und die Reduktion auf eine rein malerische Lösung die Empfindung einer grenzenlosen Weite und Ausdehnung zulässt. Dieser imaginäre Bildraum entsteht geradewegs durch die Haltlosigkeit dieser Fläche. Diese Erfahrung mit den gemalten Bildern, bei denen auch die Lichthaftigkeit des gemalten Weißtons eine Rolle spielt, übertrug Erben mit dem Halogenobjekt von 1972 in die Dreidimensionalität: Anstatt mit Farbe und Materialität arbeitete er hier mit Licht und Materialität. Es entstand eine Raumarbeit, die nicht mehr nur in der Imagination, sondern real im Raum existierte. Es sollte „vorhandene und gestaltete Fläche“ sein, so Erben, „Integration und Isolation. Anziehungskraft aufheben. Eine geometrische Form frei im Raum. Mit malerischen Mitteln oder möglich auch mit Licht. Divergierendes Material zusammensehen. Das Licht gibt der Fläche seine Position. Mit sparsamsten Mitteln einen losgelösten Raum schaffen.“1

Das großformatige Gemälde Ohne Titel (Festlegung des Unbegrenzten) (2017) schafft der Maler rund 40 Jahre später, nachdem er variierende Bildformate mit unterschiedlichen Farbskalen und Materialien ausgelotet hatte, Referenzgruppen zu den frühen Jahren. Diese neueren und reduzierten Bilder beziehen sich auf seine Eindrücke und Erfahrungen in den zerstörten Tempelanlagen von Selinunt oder auf seiner Syrienreise, beides künstlerische Erfahrungen im Umgang mit Farbe, Licht, Luft und Stille, die außergewöhnliche Bilder hervorgebracht haben.

Anke Hervol

 

 1 Ulrich Erben, zit. nach: Dieter Honisch (Hg.), Szene Rhein-Ruhr ’72 (Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Essen), Essen 1972, o. S.

 

In der Ausstellung:

Ulrich Erben
Ohne Titel, 1973
Öl auf Leinwand
120 × 100 cm
Privatsammlung

Ulrich Erben
Ohne Titel (Festlegung des Unbegrenzten), 2017
Acryl und Pigment auf Leinwand
150 × 190 cm
Privatsammlung

 

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