Astrid Klein

Astrid Klein thematisiert und hinterfragt mit Mitteln der Fotografie und Skulptur „das spezifische Erkennen der Wirklichkeit. In ihren [...] Bildern hat sie darüber hinaus Eingriffe inszeniert, die die fotografischen Methoden, die Wirklichkeitsebenen des Abbilds und die Authentizität der Reproduktion wie in einer prozessualen Collage ineinander verschränken. Dadurch wird das Bild scharf von der äußeren Welt getrennt und tritt ihr völlig eigenständig gegenüber.“1 Neben der Malerei, skulpturalen Elementen, Schwarz-Weiß-Fotografien und gefundenen Aufnahmen (fotografischen „Readymades“), kontextualisierenden Textfragmenten und eigenen Texten sind die Werktitel von wesentlicher Bedeutung. Kleins experimentelle Fotocollagen haben einen stark dokumentarischen Charakter, die Zusammenhänge ihres Ursprungs bleiben unbekannt, hinterfragen ihre Authentizität und gelangen dadurch zu einer größeren Objektivität. 

Mit den weißen Bildern, die zwischen 1988 und 1993 entstanden und als Pendant zu ihren schwarzen Bildern der 1970er-Jahre gelesen werden können, stellt sie Fragen der Sichtbarkeit in den Mittelpunkt: Die Künstlerin intendiert mit dieser Gruppe eine malerische Wirkung mittels Alabaster, Gips und Zinkweiß auf Leinwand, in die Textelemente einfließen. Die Bilder weisen Assoziationen zu den Weiß-in-Weiß-Gemälden von Agnes Martin, Robert Ryman oder Piero Manzoni auf. In Kleins Bildern geht es um die Idee, Nicht-Sichtbares oder Undarstellbares sichtbar und darstellbar zu machen. Die Textelemente unterstützen und hinterfragen permanent den Betrachtenden hinsichtlich seiner Rolle und Position in der Gesellschaft und gegenüber dem Bild: „What are you fighting for“, „corriger la fortune“ oder „Erinnerungen eines Gedächtnislosen“ titeln die Gemälde mit abgestuften Wiederholungen auf weißer Farbe. Es geht um Erinnerung und Vergessen, Vergangenheit und Zukunft, Blenden und Erblinden, Löschen und Leere. Der Einsatz von monochromer Malerei äußert sich ebenfalls bei ihren Fahnenbildern ab 1988, die in weißer Farbe auf weißen Grund mit kaum Kontrast gemalt sind. Auch hier treffen Gegensätze wie Abstraktion und Figuration, Sichtbares und Unsichtbares aufeinander. „Die psychologischen und erkenntnistheoretischen Bedingungen der Wahrnehmung und Erinnerung, deren Beeinflussung und Verletztlichkeit im Zeitalter der Genmanipulation und Hirnforschung, sind Themen, die Astrid Klein immer beschäftigen. In ihren weißen Bildern versucht sie, Grenzen der Wahrnehmung und Erinnerung auszuloten und den Herausforderungen und Zumutungen des Lebens mit Schönheit zu begegnen.“2

Anke Hervol

 

1 Jörn Merkert, Begründung der Jury, in: Akademie der Künste (Hg.), Astrid Klein. Käthe-Kollwitz-Preis 1997, Berlin 1997, S. 2.
2 Dorothea Zwirner, Weiße Bilder / White Paintings 1988–1993, in: Dies. (Hg.), Astrid Klein. transcendental homeless centralnervous (Ausst.-Kat. Deichtorhallen Hamburg), Köln 2018, S. 233.

 

In der Ausstellung:

Astrid Klein
Untitled (What are you fighting for), 1988/1993
Aus der Reihe Weiße Bilder
Acryl, Quarzkristall, Alabasterputz, Zinkweiß auf Leinwand
150 × 204,5 cm
© Astrid Klein, Courtesy Sprüth Magers

 

Weiterführende Informationen zur Künstlerin