Eugen Gomringer

Den dichterischen Text versteht Eugen Gomringer, der von Emmett Williams ausgerufene Vater der konkreten Poesie, als „seh- und gebrauchsgegenstand: denkgegenstand – denkspiel.“1 Ästhetisches Denken will Gomringer so formulieren, dass es funktional auch in andere Gebiete übertragbar ist, als eine Schule des Sehens zur bewussten visuellen Erfahrung. Seine Poesie ist gleichermaßen lesbar wie auch als ein plurimedialer Sehtext zu betrachten und zeugt von der Beziehung zwischen konkreter Kunst, ZERO und konkreter Poesie. Seit den 1960er-Jahren arbeitet Gomringer regelmäßig an dialogischen Gemeinschaftsarbeiten – Künstlerbücher, Mappen, Editionen – mit Künstlerinnen und Künstlern wie Max Bill, Gisela von Bruchhausen, Heinz-Günter Prager oder Anton Stankowski. Es entstehen auch in Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Rosenthal Vasen in kleinen Auflagen, die unter anderen Gomringers 1953 verfasstes originäres Gedicht der konkreten Poesie ping pong ins Körperliche übersetzt. Besonders intensiv ist Gomringers Zusammenarbeit mit Günther Uecker. 1971 entsteht das Künstlerbuch einsam gemeinsam als blinder Prägedruck auf schwerem Kupferdruckbütten mit Ueckers ikonischen Nagelformen und Gomringers poetischen Zweizeilern. Das Künstlerbuch wie weiss ist wissen die weisen. hommage à uecker von 1975 bezeichnet Oliver Herwig als eine „Radikalisierung der Gomringer’schen Poetik“.2 Er lässt den Günther Uecker gewidmeten Schlüsselsatz „wie weiss ist wissen die weisen“ von einem Computer in 720 Permutationen ausführen. Der Gestalter Tünn Konerding stellt den Schriftbildern Abbildungen von Nagelarbeiten Ueckers aus den Jahren 1957–1974 sowie der im Prägedruck hergestellte Nagel-Umschlag gegenüber. Anders als bei einsam gemeinsam ist dieses Künstlerbuch weniger von einer wechselseitigen künstlerischen Bezugnahme, sondern von der Suche nach strukturellen Verwandtschaften im Zufälligen geprägt und verleiht dem Postulat von Richard Paul Lohse „Die Methode ist das Bild“ Gültigkeit.

Ulrike Pennewitz

 

1 Eugen Gomringer, vom vers zur konstellation. zweck und form einer neuen dichtung, in: Ders., theorie der konkreten poesie. texte und manifeste 1954–1997, Bd. II., Wien 1997, S. 12–18, hier S. 15.
2 Oliver Herwig, Eugen Gomringer: wie weiss ist wissen die weisen. hommage à uecker, in: nichts für schnell-betrachter und bücher-blätterer. Eugen Gomringers Gemeinschaftsarbeiten mit bildenden Künstlern, Annette Gilbert (Hg.), Bielefeld 2014, S. 58.

 

In der Ausstellung:

Eugen Gomringer
Vase Ping Pong, Manufaktur Rosenthal, 1980er-Jahre
Höhe 20 cm
Privatbesitz

Eugen Gomringer
Vase, Manufaktur Rosenthal, 1980er-Jahre
Höhe 30 cm
Privatbesitz

 

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