Heinz Gappmayr

Ein wichtiger Aspekt der Werke Gappmayrs besteht darin, dass sie nicht nur aus Sprache gebildet sind, d. h., dass die Form ihrer Präsentation – schriftlich, mündlich oder auf Datenträgern – zweitrangig wäre, sondern dass ihre konkrete visuelle Präsentation das Wesen dieser Werke ausmacht.

Der zweite liegt darin, dass sich seine visuellen Texte auf eine ganz spezifische Begrifflichkeit beschränken. Worte für physische Objekte mittlerer Größe, eben jene paradigmatischen Bezeichnungen, die uns den Abbildungscharakter der Sprache suggerieren, erscheinen in diesen Werken grundsätzlich nicht. Es fehlt aber überhaupt jede Bezugnahme auf Einzelnes, Psychisches, Ereignishaftes. Gappmayr erläutert seinen begrifflichen Rahmen so: „Von den Begriffen der Wahrnehmung unterscheiden sich die Kategorialbegriffe. Sie sind vor jeder Erfahrung. Ihnen entsprechen keine Wahrnehmungsgegenstände. Sie sind Grundvoraussetzungen des Denkens. Zu ihnen gehören Begriffe wie Raum, Zeit, Beziehung, Menge, Ähnlichkeit, Differenz usw.“1

Gappmayr unterscheidet zwischen Begriffen und Wörtern. Ein Begriff ist z. B. das, was gleichbedeutenden Wörtern verschiedener Sprachen gemeinsam ist.2  Dabei bleibt der Begriff aber ein innersprachliches Phänomen und wird nicht etwa zu einer selbstständigen außersprachlichen Existenz hypostasiert, wie es bei verschiedenen semantischen Ansätzen mit dem Konzept der Bedeutung geschieht. Überhaupt nimmt die Bedeutung von „Bedeutung“ bei Gappmayr eine untergeordnete Stellung ein.

Aus: Martin van der Koelen, Gappmayr – zum 75. Geburtstag, in: Heinz Gappmayr, Auf der Fläche – Im Raum. Paintings + Art-In-Architecture, Mainz 2000, Bd. 26, S. 4.

 1 Heinz Gappmayr, Konstituenten visueller und konzeptueller Texte, in: Text und Kritik, Sonderband IX: Visuelle Poesie, München 1997, S. 83.
 2 Vgl. ebd., S. 82.

 

In der Ausstellung:

Heinz Gappmayr
Weiss, 1967/2020
Druck
46 x 33 cm
Courtesy Dr. Dorothea van der Koelen, Mainz